So will sich die GFT in Zukunft aufstellen

Interview in der Zeitschrift "Telecom Handel"

Telecom Handel: Die erst vor kurzem gelaunchte neue Webseite der GFT erweckt den Eindruck, dass die Genossenschaft sich verjüngen möchte…

Stefan Touchard: Wir sind als Genossenschaft ein modernes Unternehmen. Das muss sich auch in den Kommunikationsmitteln widerspiegeln. Und wir wollen weiter wachsen, das ist ganz klar. Wir sind heute gut aufgestellt mit unseren knapp 180 Mitgliedern, doch analysieren auch sehr genau, für wen eine Zusammenarbeit mit uns noch interessant sein könnte.

Rudolf H. Saken: Unsere Mitglieder sind in der Mehrheit mittelgroße bis große Systemhäuser im deutschen Markt, zu einem großen Teil inhabergeführt. Von dieser Art Systemhäuser gibt es hierzulande nur eine begrenzte Anzahl.

Ein starker Trend sind im Moment ja Telefonanlagen aus der Cloud, wenn auch die Marktanteile noch gering sind. Diese Lösungen werden aber immer häufiger auch von IT-Systemhäusern angeboten. Wären das nicht Kandidaten für die GFT?

Saken: Natürlich sind wir offen für IT-Systemhäuser. Man muss aber auch bedenken, dass das Cloud-Geschäft in der Menge viel langsamer wächst als vermutet. Das liegt unter anderem daran, dass viele Unternehmen noch länger an ihren Anbieter durch Miet- und Wartungsverträge gebunden sind. Häufig sind aber auch On-Premises-Anlagen, die mit Cloud-Anwendungen kombiniert werden, für den Kunden die bessere Wahl.

Wie unterstützen Sie Ihre Mitglieder bei der Transformation? Schließlich bringt das Cloud-Geschäft auch gravierende Änderungen mit sich...

Saken: Wir organisieren unter anderem die gesamten regulatorischen Rahmenbedingungen. Das gilt beispielsweise für die Abrechnung von Gebühren, für die es Anforderungen des TKG gibt, die nicht so trivial zu lösen sind. Wir erarbeiten zudem AGB für das Cloud-Geschäft unserer Mitglieder mit unserem Partner VAF. Darüber hinaus haben vermietete TK-Anlagen immer schon einen wichtigen wirtschaftlichen Vorteil der Cloud für Endkunden im TK-Markt – Opex- statt Capex-Kosten – geboten.

Wie aktiv sind Ihre Mitglieder denn im Cloud-Geschäft?

Touchard: Wir haben mit der GFK in den vergangenen beiden Jahren zwei Studien – auch zu diesem Thema – durchgeführt und dabei festgestellt, dass vor allem kleinere Unternehmen mit bis zu 20 Ports an einer Cloud-PBX interessiert sind. Unsere Mitglieder haben aber überwiegend größere Kunden mit bis zu 150 Ports, die häufig noch On-Premises-Lösungen bevorzugen. Grundsätzlich aber gehen wir davon aus, dass unsere Mitglieder parallel zur On-Prem-Welt in die Cloud-Welt einsteigen werden. Und viele sind schon heute dort angekommen.

Im vergangenen Jahr haben Sie einige Neuerungen eingeführt, vor allem bei den Dienstleistungen. Welche waren das?

Touchard: Wir haben uns Finanz- und Bankdienstleistungen ins Haus geholt und arbeiten in diesem Bereich mit der Cronbank AG zusammen. Zum 1. Januar werden wir zudem als Versicherungsprodukt eine Multi-Risk-Police einführen, die alle wesentlichen Risiken eines ITK-Systemhauses abdeckt. Wir haben im Vorfeld mit unserem Kooperationspartner, dem Hagebau Versicherungsdienst, den Bedarf bei einigen Mitgliedern analysiert und auf dieser Basis die Police entwickelt. Zudem bieten wir auch noch Steuer-, Unternehmens- und Rechtsberatung an und haben für Letzteres eine Anwalts-Hotline eingerichtet, bei der unsere Mitglieder eine kostenfreie Erstmeinung einholen können.

Aktuell sind Sie nur in Deutschland aktiv. Wird es dabei bleiben?

Touchard: Wir analysieren zurzeit Nachbarmärkte und prüfen, ob der Einstieg dort für uns Sinn macht, wobei wir diese Expansion sehr behutsam vorantreiben wollen. Schließlich müssen viele Themen wie etwa der Eigentumsvorbehalt in den einzelnen Ländern unterschiedlich gehandhabt werden. Auch die Lieferanten müssen mit einbezogen werden, die GFT würde bisher ausschließlich in Deutschland tätigen Lieferanten den Weg in die ‚neuen Märkte‘ ebnen. Und grundsätzlich sind die Märkte thematisch unterschiedlich. Wir sehen in Österreich beispielsweise große Chancen im Bereich Sicherheitstechnik, in den Benelux-Ländern steht das Thema Telekommunikation im Vordergrund.

Die GFT wurde bislang aber überwiegend mit der TK-Branche verbunden…

Touchard: Das ist richtig. Doch wir sind viel breiter aufgestellt, als viele wissen. Das Geschäftsfeld ‚Sicherheitstechnik‘ repräsentiert mittlerweile einen Umsatzanteil von 30 Millionen Euro pro Jahr. Sie ist damit unser zweitwichtigster Umsatzbringer. Wir sind zudem aktiv in den Bereichen ‚passive Netzwerktechnik‘ und ‚Medientechnik‘, um nur einige Beispiele zu nennen. Die haben wir in der Vergangenheit nicht so deutlich fokussiert, doch das werden wir ändern. Weiter forcieren wir den genossenschaftlichen Gedanken der ‚Kooperation der Kooperationen‘.

Können Sie hier ein Beispiel nennen?

Touchard: Wir sind Mitglied der Soennecken eG geworden, einem der größten Verbünde für Büromöbel und -bedarf. Unsere Mitglieder können ihre Endkunden mit Büromöbeln versorgen, wenn sie beispielsweise gerade einen Konferenzraum einrichten. Natürlich können sie bei unseren Partnern auch zu günstigen Konditionen für sich selbst einkaufen.

Nutzen Ihre Mitglieder dieses Angebot?

Touchard: Wir sind mit diesem Geschäftsfeld Anfang Januar gestartet. Derzeit sind die Auftragsbücher unserer Mitgliedsunternehmen noch gut gefüllt und die Konjunktur zeigt aktuell nur leichte Bremsspuren. Allerdings beobachten wir die Branchenentwicklung und stellen verstärkt fest, dass die Branchengrenzen ineinander verschwimmen, so dass es sich lohnt, sich mit neuen kooperierenden Geschäftsfeldern antizyklisch zu befassen.

Bemerken Ihre Mitglieder denn erste Anzeichen für eine Konjunkturdelle?

Saken: Wir hören vor allem, dass sich Projekte nach hinten verschieben, weil das Handwerk derzeit vollkommen ausgebucht ist und Vorleistungen im Baubereich nicht nach Zeitplan erbracht werden. Das wird sich auch nicht so schnell ändern, denn die Baukonjunktur wird brummen, solange die Zinsen so niedrig sind.

Und wie sieht es mit Wettbewerbern aus, die aus der IT stammen?

Saken: Ich bin jetzt seit 20 Jahren in der Branche und höre seither immer, die IT wird die TK-Branche überrollen – und es ist bis heute nicht passiert. Faktisch stehen pro Jahr 20 Prozent des Markts zur Disposition, da TK-Systeme nicht so schnell erneuert werden wie andere Lösungen. Das heißt nicht, dass man sich nicht der Marktentwicklung anpassen muss, aber einen echten Paradigmenwechsel – den vermag ich nicht zu erkennen.