GFT: Anlaufstelle fürs Cloud-Business

Interview in der Zeitschrift "Telecom Handel"

Die GFT setzt neue Akzente. Die Vorstände Birger Aasland und Stefan Touchard erklären ihre Pläne für die Cloud und weitere Geschäftsfelder.

Mit Birger Aasland hat die GFT einen neuen Vorstand, nachdem Rudolf Saken in den Ruhestand gegangen ist. Gemeinsam mit Stefan Touchard leitet er nun die Geschicke der Genossenschaft. Mit Telecom Handel diskutieren die beiden über das Cloud-Geschäft, das bei der GFT bislang eine untergeordnete Rolle gespielt hat, und über neue Märkte und Strategien.

Telecom Handel: Die GFT möchte sich modernisieren, hat aber bislang das Thema Cloud-PBX nicht sonderlich berücksichtigt. Wird sich das nun ändern?

Birger Aasland: Wir launchen im April unsere Plattform Asteria, die wir gemeinsam mit dem Bundesverband Telekommunikation (VAF) entwickelt haben. Das ist für unsere Mitglieder die zentrale Anlaufstelle für ihr Cloud-Business.

Was verbirgt sich dahinter?

Stefan Touchard: Wir haben unterschiedlichste Cloud-Anbieter in einer Plattform gelistet – und eine Billing-Plattform entwickelt. Das Problem ist für viele Reseller, dass sie bei einem Cloud-Angebot als Makler auftreten müssen, sie sind damit nicht mehr Vertragspartner ihrer Kunden. Sie können zwar selbst Cloud-Angebote und Aufträge durchführen, doch die Regularien sind herausfordernd. Sie müssen sich beispielsweise bei der Bundesnetzagentur registrieren und ihre Angebote DSGVO-konform ausführen.

Bildet Asteria hier also die Brücke?

Touchard: Ja, diese Probleme lösen wir mit Asteria. Unsere Partner können die Plattform nutzen, um Angebote für ihre Endkunden zu buchen, und erhalten die notwendigen Daten für die TKG-konforme Rechnungsstellung. Es sind noch Details zu klären, ob mit der Nutzung von Asteria nur noch eine vereinfachte Anmeldung bei der BNetzA für unsere Mitglieder notwendig ist.

Aasland: Dazu bieten wir auch noch Vorlagen für Serviceverträge im Cloud-Umfeld und weitere Dienstleistungen an.

Und wie viele Anbieter sind auf der Plattform gelistet?

Aasland: Wir starten mit Alcatel-Lucent Enterprise, Ecotel, GnTel und Kwebbl aus den Niederlanden. Wir sind mit weiteren Anbietern im Gespräch, aber Sie wissen ja, dass sich die Ereignisse in Bezug auf die Konsolidierung gerade überschlagen.

Dennoch gibt es einige Lücken …

Aasland: Da sind wir, wie gesagt, im Gespräch. Wir sind für alle Anbieter offen und davon überzeugt, dass Asteria sowohl für die GFT-Mitglieder als auch für die Hersteller und Distributoren viele Optionen bietet.

Sie haben knapp 200 Mitglieder. Wie ist deren Resonanz – brauchen sie diese Plattform oder haben sie eigene Lösungen entwickelt?

Aasland: Jeder muss sich mit diesen Cloud-Modellen beschäftigen, und wir leisten den Beitrag, dass sie ihr altes Geschäftsmodell weiterbetreiben und sich einfach auf die Cloud einstellen und vorbereiten können. On-Prem-Lösungen wird es auch in vielen Jahren noch geben, doch die Cloud wird immer wichtiger.

Aber es gibt doch sicherlich auch GFT-Partner, die schon ein Cloud-Angebot im Programm haben. Die brauchen Asteria doch eigentlich nicht, oder?

Touchard: Doch, genau die brauchen sie auch. Sie haben heute vielleicht ein Cloud-Angebot von nur einem Anbieter im Sortiment, mit Asteria sind sie aber deutlich flexibler, da es sich um eine Hersteller-offene Plattform handelt und sie somit über eine Plattform unterschiedlichste Cloud-Anbieter ihren Endkunden offerieren können.

Was kostet die Nutzung von Asteria für Ihre Mitglieder und auch die Anbieter?

Aasland: Das Konditionsmodell gestaltet sich aus den beiden Komponenten SaaS-Lizenz und einer volumenabhängigen Gebühr pro Seat. Als Genossenschaft haben wir einen gesetzlichen Förderauftrag, das heißt, alle Gewinne fließen unseren Mitgliedern über unsere Rückvergütungssysteme wieder zu, daher sind wir anders aufgestellt als beispielsweise ein Distributor.

Die Cloud-Umsätze sind sicherlich noch gering, wachsen aber beständig. Fürchten Sie nicht, Ihr Angebot kommt etwas spät?

Aasland: Wir wären gerne früher damit gestartet, die Komplexität hat das jedoch nicht zugelassen. Wenn wir diesen Startpunkt aber jetzt verpassen, dann fährt möglicherweise der Zug an uns vorbei. Das wollen und können wir uns nicht leisten.

Touchard: Ich möchte nochmals betonen, dass auch in Zukunft On-Prem-Lösungen verbaut werden. Der Cloud-Markt ist zudem ein disruptives Geschäftsmodell, vielen Systemhäusern fällt der Umstieg oder Einstieg in die Cloud schwer, weil sich die Umsätze verlagern – vom Projektgeschäft hin zum Abomodell – und sie damit deutlich kleinteiliger sind.

Wie entwickelt sich der Bereich Sicherheitstechnik, den Sie ja schon seit längerem bearbeiten – und der immer wichtiger wird?

Touchard: Wir wachsen derzeit stärker im Segment Sicherheitstechnik. Allerdings ist und bleibt der TK-Markt nach wie vor ­stärkstes GFT-Segment mit einem Umsatzanteil von über 60 Prozent. Wir merken allerdings, dass die beiden Segmente unter­einander auch Interdependenzen haben und somit der Bereich Sicherheitstechnik für ein bislang reines TK-Systemhaus zukünftig an Bedeutung gewinnen wird.

Sie haben erst kürzlich eine Kooperation mit Expert bekannt gegeben, das treibt dieses Segment wohl voran …

Touchard: Der Vertrag wurde mit der Expert Technik geschlossen, darin sind die 43 größten Elektrobetriebe Deutschlands verbunden, die ausnahmslos Sicherheitstechnik betreiben. Das ergänzt sich natürlich mit unserem Modell.

Haben Sie weitere Geschäftsfelder für sich definiert?

Touchard: Wir haben Ende vergangenen Jahres das Thema Photovoltaik aufgenommen. Die ersten Monate sind bereits erfolgreich für uns verlaufen und wir bemerken ein starkes Interesse unserer Mitglieder.

Das geopolitische und wirtschaftliche Umfeld ist schwierig. Wie wird dieses Jahr Ihrer Meinung nach?

Aasland: Unsere Branche wächst gegen den Trend, das ist im Grunde schon einmal erfreulich. Wir konnten als GFT den Umsatz im vergangenen Jahr steigern, real – wobei hierbei sowohl inflationsbedingte Preiserhöhungen als auch inneres Wachstum aufgrund des Ausbaus unseres Lieferanten-Portfolios über alle Segmente und das Mitgliederwachstum eine Rolle spielten. Uns allen macht natürlich der Fachkräftemangel zu schaffen, das ist mittlerweile eine echte Herausforderung – sowohl für unsere Mitglieder als auch für uns.

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